Die Begrenzung von Amtszeiten ist eine der wichtigsten Errungenschaften der Demokratie. Das mag auf den ersten Blick sehr unspektaktulär klingen; doch ohne die zeitliche Einschränkung von Amtszeiten hoher staatlicher Funktionäre geht in der Demokratie gar nichts. Wie wichtig die Begrenzung von Amtszeiten ist, kann man an den vielen Negativbeispielen (Russland, China, …) erkennen, die davon zeugen, dass machtversessene Despoten länderspezfische Regelungen zur Begrenzung ihrer Amtszeiten regelmäßig aushebeln. Denn wer sich für unverzichtbar hält oder aufgrund der eigenen kriminellen Umtriebe mit einer Strafverfolgung oder Rachefeldzügen von Opponenten rechnen muss, der wird nicht freiwillig sein Amt verlassen. Er wird an seinem Sessel kleben, wie es bildlich heißt.
Das wusste schon der britische Denker James Mill (1773-1836), Vater von John Stuart Mill. James Mill widmet in seinem Essay „On Government“ (Cambridge 1937/2015) der Amtszeitbegrenzung einige Passagen, in denen er deutlich unterstreicht, dass die zeitliche Einschränkung von Ämtern unbedingt notwendig ist. Warum? Sie ist notwendig, da sie dem egoistischen, selbstherrlichen Treiben des Menschen (bei Mill: Männer) quasi natürliche Grenzen setzt. Mill ist sich nämlich sicher, dass der einzelne Mensch (d.h. Mann) jederzeit versucht ist, mit der politischen Macht, die ihm von Anderen übertragen wird, etwas Schlechtes, da Eigennütziges anzufangen. Daher muss die Regierungslehre sich zuvorderst mit der Frage beschäftigen, wie diese Macht des einzelnen Mannes kontrolliert werden kann. O-Ton James Mill:
„All the difficult questions of Gobernment relate to the means of restraining those, in whose hands are lodged the powers necessary for the protection of all, from making a bad use of it“ (6).
Und DAS politische Mittel der effektiven Machteinhegung ist die zeitliche Einschränkung der Machtausübung bzw. die regelmäßige Möglichkeit seitens der Allgemeinheit, die Machtausübung des Einzelnen zu beenden. Mill nennt es die „lessening of duration“ (38), die Reduzierung der Dauer. Mill schreibt mit Verweis auf die ‚böswilligen Interessen‘ der Repräsentanten:
„that limiting the duration of their power is a security against the sinister interest of the people’s Representatives“ (40)
Wenn das Volk mit den eigenen Repräsentanten zufrieden ist, so können die Repräsentanten gerne immer wieder eine neue Amtszeit erhalten, was Mill das „principle of rechoosing“ nennt (41). Doch sobald ein Repräsentant sich als unwürdig oder als selbstsüchtig erweist, muss es die Möglichkeit geben, einen Wandel herbeizuführen („power of change“, 41) und die Amtszeit zu beenden („perpetual power of removal“, 41).
Wer also wie James Mill – als guter Presbyterianer, der er war – davon überzeugt ist, dass die Natur des Menschen alles andere als gut ist, der möchte politische Institutionen schaffen, die der Entfaltung von böser Selbstsucht enge Grenzen setzen. Daher ist für jede Demokratie die Begrenzung der Amtszeiten essentiell. Und wir können politische Systeme auch dahingehend beurteilen, ob sie dem Machthunger der Einzelnen erfolgreich zeitliche Grenzen setzen.