Die Höllenfahrt Jesu als Comic. Eine Besprechung von „Judas“ (Loveness/Rebelka).

Ein wahrer Höllentrip!

Der Comic von Jeff Loveness (Story) und Jeff Rebelka (Bild) – jetzt auf Deutsch erschienen bei dem Ludwigsburger Haus Cross Cult – ist nichts für schwache Nerven.

Wir haben Karfreitag. Judas kommt nach seinem Selbstmord in die Hölle. Dort wird er nicht nur von Erinnerungen an sein irdisches Leben verfolgt, er trifft auch auf allerlei dunkles Personal: vieläugige Monster, den rachelustigen Schächer vom Kreuz, eine wilde Horde verdammter Seelen und, zuletzt, den eiskalten Luzifer höchstpersönlich. Zwischen diesem und Judas entspinnt sich ein längeres Gespräch über die Antihelden, Bösewichte und Unglücksfiguren der Heilsgeschichte, aber auch über Schuld und Sünde, den Ursprung des Bösen, die Prädestination. Luzifer kommt zum Schluss: „The story is broken – die Geschichte ist zerbrochen.“ Und Schuld daran hat: Gott. Denn Gott hätte ja auch alles anders machen können.

In diesem Moment kommt Jesus in die Hölle. Judas ist erschrocken. Dieser Jesus sieht reichlich zerschunden aus. Und er wirkt im ersten Augenblick orientierungslos, seine Präsenz in der Hölle sinnlos. Bis Judas Jesus in die Augen sieht. Es sind die gleichen Augen, die ihn auch im irdischen Leben anblickten. In diesen Augen findet sich aber noch etwas anderes: Schuldgefühle. Es sind die Schuldgefühle, die Jesus gegenüber Judas hat, weil er diesem die undankbare Aufgabe des Verrats aufgebürdet hatte. Es sind aber auch die Schuldgefühle aller Kreaturen, die sichtbar werden, denn Jesus ist ja das Lamm Gottes, „the lamb of God, who taketh the sins of the world“, wie Luzifer bibelfest zitiert.

All die Bösewichte der biblischen Überlieferung – ein Pharao, eine Isebel, der Schächer am Kreuz … bis hin zu Judas – konfrontieren Jesus mit ihrem Hass, ihrer Sünde. Denn er bzw. Gott sei es gewesen, der ihnen das Schicksal des Böse-sein-Müssens und des Sündigens aufgelastet habe. Er habe sie quasi dazu verdammt, Verdammte zu sein. Dieser Hass und diese Sünde, sie zerreißen Jesus. Und die Masse der Schuldigen wirft sich auf den Gekreuzigten. Im letzten Augenblick, kurz bevor Jesus von der Masse in die tiefste Tiefe hinab gerissen wird, blickt Judas Jesus noch einmal in die Augen: Und erkennt in diesen Augen trotz allem keinen Gegen-Hass. Stattdessen nimmt Jesus auch diese letzte aller Qualen auf sich. Und stürzt hinab ins Grauen der Sünde. Und Judas? Er springt Jesus hinterher.

Letztlich – so viel kann man verraten – wird Judas zum Retter Jesu, zum Retter des Retters. Am Ostermorgen überwindet Jesus die Höllenpforten, und Licht strömt in die kalte Finsternis. Jesus kehrt zurück ins Leben. Und lässt Judas mit einem Auftrag in der Unterwelt zurück. Davon handeln die beeindruckenden letzten Seiten des Comics.

Nicht nur die grafische Umsetzung von Rebelka beeindruckt bei diesem Comic – mit starken, kontrastreichen Farben, schemenhaften Gestalten und fascettenreichen Panels. Auch die Geschichte kann theologisch interessierte Leserinnen und Leser faszinieren. Denn die theologischen Fragen, die der Comic aufwirft, sind uralt. Und brandaktuell. Der Comic bietet keine einfache Lösungen an. Er erzählt aber die Geschichte eines Judas, der in der „zerbrochenen Geschichte“ seinen Weg, seinen Trost, seinen Sinn findet.

Mein Urteil: Sehr lesenswert!

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