Glaube als Genuss.

Über das Ziel des Menschen, wie es Thomas von Aquin formuliert, Gott zu genießen, habe ich schon einmal im letzten Jahr geschrieben.

Wir sind als gläubige Menschen, so Thomas, nicht nur dazu ausersehen, nach unserem irdischen Leben Gott zu genießen. Schon das Leben hier und jetzt soll ein Genuss sein dürfen. Der Genuss nicht als Verzehr endlicher Güter, sondern der Genuss als Teilhabe an einer unerschöpflichen Liebe.

Ich zitiere aus Thomas‘ Werk Summa contra gentiles (III, 153):

In jedem Liebenden wird das Verlangen verursacht, mit seinem Geliebten so weit wie möglich vereinigt zu werden: und daher ist es am erfreulichsten, mit seinen Freunden zusammenzuleben. Wenn der Mensch also durch die Gnade zum Liebhaber Gottes (homo Deo dilector) gemacht wird, wird in ihm notwendig das Verlangen nach Vereinigung mit Gott verursacht, soweit es möglich ist.

Der Glaube aber, der von der Gnade verursacht wird, verkündet, daß die Vereinigung des Menschen mit Gott im Sinne eines vollkommenden Genießens, in dem die Seligkeit besteht, möglich ist. Das Verlangen im Menschen nach diesem Genießen folgt also aus der Liebe zu Gott.

Aber das Verlangen nach einem Ding beschwert die Seele des Verlangenden, wenn nicht auch die Hoffnung besteht, es zu erlangen. Es war demnach angemessen, daß in den Menschen, in denen die Gottesliebe und der Glaube durch die Gnade verursacht werden, auch die Hoffnung verursacht wird, die künftige Seligkeit zu erreichen.

Glaube, Hoffnung, Liebe sind in diesen Zeilen eng miteinander verwoben. Sie werden von der Gnade, mit welcher Gott sich der Schöpfung zuwendet, verursacht. Sie führen hin zu einem Genuß, der in der Ewigkeit seine Vollendung findet. Seinen Anfang nimmt dieser Genuss aber im Hier und Jetzt, und zwar in dem Verlangen nach der Nähe Gottes und in der Tatsache, dass wir Liebhaberinnen und Lieberhaber Gottes sind.

Das könnte also eine Definition für das schwierige Wort „Glaube“ sein: Glaube heißt auf Hoffnung Gott genießen.

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Ein Gedanke zu “Glaube als Genuss.

  1. Glaube, Hoffnung und Liebe sind keine Einbahnstrassen, auch Gott liebt uns und freut sich über uns und daher will er uns behalten. Thomas hat das auch geschrieben soweit ich mich erinnere.

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